VdF-Seminar “Fahrzeuge mit alternativen Antrieben”

Am Samstag, 27. April 2024, waren vier Kameraden beim diesjährigen Seminar des Verband der Feuerwehren des Kreises Steinfurt. Das diesjährige Seminar wurde durch Tanja Hellmann und ihren Kollegen von der Firma TH Seminare vorbereitet. Der Fokus des Seminars lag auf Fahrzeugen mit alternativen Antrieben im Feuerwehr Alltag. Nach der Begrüßung wurde der Aufbau von Fahrzeuge mit Gas-Antrieb vorgestellt. Hierbei wird grundsätzlich in Fahrzeuge mit LPG (Liquefied Petroleum Gas) und CNG (Compressed Natural Gas) Technik unterschieden. Für die Feuerwehr ist wichtig zu wissen, dass die Tanks von LPG-Gas Fahrzeugen häufig nachgerüstet sind. Weitergehend steht der Tank unter einem moderaten Druck von ca. 8 – 20 bar. Da es sich bei LPG um ein Propan/Butan-Gemisch handelt, ist es wichtig zu wissen, dass dieses ca. 1,5 mal schwerer als Luft ist und sich somit unter einem Fahrzeug oder in Senken sammeln kann. Im Brandfall kann ein Fahrzeug mit LPG Antrieb an zyklischen großen Stichflammen am Heck des Fahrzeuges erkannt werden. Dies ist die Folge eines federbelasteten Überdruckventil, welches öffnet, sobald der Druck im Inneren des Tanks zu groß wird und anschließend wieder schließt.

Video eines LPG Brandes -> Link zum Video auf YouTube

Fahrzeuge mit CNG Antrieb sind meist ab Werk mit der Technik ausgestattet. Die Gastanks stehen mit ca. 200 bar unter einem vielfach höheren Druck als die LPG Tanks. Bei CNG handelt es sich um Erdgas, dieses ist leichter als Luft und verflüchtigt recht schnell.  Im Brandfall löst eine Thermosicherung am Gastank aus und das Gas kann komplett entweichen. Die meisten CNG Fahrzeuge haben mehrere Tanks im Unterboden. Dies führt dazu, dass diese im Brandfall zeitverzögert abblasen können. Da die Tanks überwiegend quer zur Fahrtrichtung angebracht sind, ist mit einer seitlichen Stichflamme zu rechnen.

Video eines CNG Brandes -> Link zum Video auf YouTube

Nach der Frühstückspause wurden Fahrzeuge mit Batterieantrieb behandelt. Bei diesen Fahrzeugen besteht bei Angehörigen der Feuerwehr häufig noch Angst im Umgang. Diese Angst ist oftmals unbegründet, denn vorab kann gesagt werden, dass Elektrofahrzeuge nicht gefährlicher sind als Fahrzeuge mit konventionellem Antrieb. Die Angst rührt häufig aus der noch nicht vorhandenen Praxis. Was mittlerweile bei Verkehrsunfällen bereits sehr wichtig geworden ist, ist bei Unfällen mit Elektrofahrzeugen noch um einiges wichtiger – die Rettungsdatenblätter. In Neuenkirchen können diese über beide PCs im ELW und über die iPads auf dem HLF20 und auf dem ELW1 abgerufen werden. Wichtig bei Verkehrsunfällen ist zu Wissen, wo sich die Traktionsbatterie des Fahrzeuges befindet, um eine weitere Verletzung dieser zu vermeiden. Weitergehend sind die Leitungsführung des Hochvoltsystems und Verstärkungen in der Karosserie von großem Interesse beim Einsatz von hydraulischen Rettungsgeräten. Das Hochvoltsystem des Fahrzeuges wird im Falle eines Unfalls automatisch durch die Elektronik des Fahrzeuges abgeschaltet. Es müssten sechs unabhängige Systeme im Fahrzeug versagen, damit dies nicht automatisch passiert. Um sicherzugehen kann im Einsatzfall eine in der Rettungskarte markierte Trennstelle durchtrennt werden. Um die Traktionsbatterie des Fahrzeuges  im Falle eines Unfalles zu schützen, wird diese möglichst Crash sicher im Unterboden des Fahrzeugs montiert. Da es sich um ein geschlossenes elektrisches System handelt, ist die Gefahr eines elektrischen Schlages sehr unwahrscheinlich. Um diesen gänzlich auszuschließen, sollten keine Teile des Hochvoltsystems durchtrennt werden und blanke Kabel nicht berührt und abgedeckt werden.

Das die Traktionsbatterie eines Fahrzeuges anfängt zu brennen ist äußerst unwahrscheinlich. Die “EV FireSafe is supported by the Defence Science & Technology Group” des australischen Verteidigungsministeriums hat herausgefunden, dass in einem Zeitraum von 2010 bis Juli 2023 weltweit lediglich 393 bestätigten + 74 unbestätigten + 21 in Untersuchung Fällen eines Brandes der Traktionsbatterie gekommen ist. Alleine 2022 wurden Weltweit mehr als 10 Millionen Elektroautos neu zugelassen.
Spannende Zusammenfassung des EV Fire Safe -> Link zur PDF.

Ob eine Traktionsbatterie anfängt, ist vom Ladezustand abhängig. Bei einem Ladezustand < 20 % ist ein Feuer unwahrscheinlich. Dort gast die Batterie lediglich aus. Im Brandfall sollte die Batterie kontrolliert ausbrennen können. Lediglich das Umfeld und die Batterie sollte durch Wasser gekühlt werden. Das Fahrzeug sollte nur im begründeten Ausnahmefall in ein Behältnis mit Wasser gepackt werden. Hierbei wird das Wasser im Behältnis erheblich kontaminiert und muss anschließend als Sondermüll entsorgt werden. Dies hat hohe Kosten zur Folge. Um beurteilen zu können, ob der Reaktionsprozess innerhalb der Batterie abgeschlossen ist, sollte ein Messprotokoll verwendet werden, in dem an drei gleichen Stellen alle fünf Minuten die Temperatur der Batterie gemessen wird. Wenn nach 30 Minuten die Temperatur am allen drei Messpunkten < 60 °C ist und stagniert oder weiter sinkt, ist das Fahrzeug für ein Spezialunternehmen transportfähig.

Im Anschluss zu den Vorträgen wurden noch drei verschiedene Fahrzeuge begutachtet und anhand der Rettungsdatenblätter die Trennstellen und andere Teile des Hochvoltsystems erkundet.

Abschließend lässt sich zusammenfassen, dass Elektrofahrzeuge kein erhöhtes Risiko für Einsatzkräfte darstellen und durch gezielte Ausbildung und Aufklärung die Angst vor dem Thema minimiert werden kann. Zukünftig wird die Anzahl dieser Fahrzeuge weiter zunehmen. Auch eine höhere Brandgefahr geht nicht von diesen Fahrzeugen aus.

Insgesamt war dies ein extrem spannendes Seminar für die Kameraden der Feuerwehr Neuenkirchen.